Gesellschaft für Geschichte des Weines

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Buchbesprechungen

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2023: Deckers, Daniel: Friedrich Zweigelt (1888-1964) – Wissenschaftler, Rebenzüchter, Nationalsozialist

Deckers, Daniel: Friedrich Zweigelt (1888-1964) – Wissenschaftler, Rebenzüchter, Nationalsozialist. Böhlau Verlag Wien Köln 2023. 197 Seiten, gebundene Ausgabe;
ISBN 978-3-205-21643-8. 35,00 Euro.

Mit ca. 6500 ha Rebfläche ist die Blaue Zweigeltrebe heute die wichtigste Rotweinsorte Österreichs, noch deutlich vor dem Blaufränkisch mit etwa 2800 ha. Daniel Deckers beschreibt in seinem Buch das Leben des Wissenschaftlers Friedrich Zweigelt und die Entstehungsgeschichte der Sorte. Deckers hat für seine Arbeit sehr gründlich recherchiert und lässt die 600 zitierten Quellen für sich sprechen. So gelingt ein authentischer Einblick in das Leben von Zweigelt und darüber hinaus in die Entwicklungen in Österreich und Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere ihrer Weinbau-Wissenschaften. Die enge Verbundenheit Zweigelts mit Klosterneuburg prägte auch die Geschichte dieser ältesten Weinbauschule im deutschsprachigen Raum.

Als promovierter Biologe beginnt Zweigelt 1912 mit kaum 24 Jahren seine wissenschaftliche Laufbahn in Klosterneuburg, wo er seine gesamte wissenschaftliche Karriere zubringen wird.

Er ist ein vielseitig begabter, fleißiger und ehrgeiziger Wissenschaftler und macht sich schnell einen Namen; er gehört sicher zu den großen Weinbau-Wissenschaftlern des deutschsprachigen Raums seiner Zeit. Heute würde man ihn als Netzwerker bezeichnen. Er pflegt Kontakte in die gesamte Weinwelt, nicht nur innerhalb Österreichs und Deutschlands, sondern auch weltweit, wobei ihm seine guten Französischkenntnisse entscheidend helfen. Als Schriftleiter des österreichischen Fachblatts „Das Weinland“ bleibt er über aktuelle Entwicklungen in der Weinwelt informiert und sorgt gleichzeitig für einen Wissenstransfer zu den österreichischen Winzern; viele Artikel stammen von ihm selbst. Er ist ein leidenschaftlicher Dozent an der Klosterneuburger Schule und begeistert seine Studierenden nicht nur durch sein Fachwissen, sondern auch durch seine motivierenden Vorträge. Bei vielen Fachtagungen in Deutschland ist er präsent und wetteifert mit deutschen Kollegen, insbesondere aus Geisenheim, um die Vorreiterschaft im deutschsprachigen Raum. Daneben hält er zahlreiche Vorträge vor Winzern, um den österreichischen Weinbau voran zu bringen.

Leider liegt auf dieser Erfolgsgeschichte ein dunkler Schatten. So umtriebig und findig Zweigelt als Wissenschaftler ist, so ist er seit seinen Jugendtagen völkisch-national gesonnen, tritt nach dem Anschluss Österreichs 1938 in die NSDAP ein und will als kommissarischer Leiter Klosterneuburg zu einer „nationalsozialistischen Hochburg“ ausbauen. Wegen seiner nationalsozialistischen Tätigkeiten wird er konsequenterweise 1945 aus dem Dienst entlassen, womit gleichzeitig seine wissenschaftliche Laufbahn endet. Er wird wegen Hochverrats angeklagt und eingesperrt. Durch zahlreiche Fürsprecher wird er 1948 als „minderbelastet“ eingestuft und das Verfahren gegen ihn eingestellt; er wird ausdrücklich nicht freigesprochen. Er wird wieder in den öffentlichen Dienst aufgenommen, allerdings unmittelbar danach pensioniert. Bei der Berechnung der Pension bleiben die Zeiten nach 1938 unberücksichtigt. Trotzdem hat Zweigelt damit sein Auskommen. Vermutlich kehrt er jedoch nie mehr zu seiner geliebten Wirkungsstätte Klosterneuburg zurück.

Wie steht es mit der NS-Gesinnung von Zweigelt? War er ‚nur‘ Mitläufer oder engagierter Mitstreiter? Deckers überlässt das Urteil dem Leser. Er breitet die vielen von ihm gesammelten Fakten zur NS-Vergangenheit und zum Charakter Zweigelts vor dem Leser aus und überlässt ihm das Urteil, was nicht einfach ist. So sammelte Zweigelt 1923 während der Inflation in Österreich Geld und Lebensmittel zur Unterstützung mittelloser Kollegen in Deutschland und setzte sich während der Naziherrschaft für jüdisch-stämmige Kollegen und Mitbürger ein. Andererseits nutze er 1938 als stellvertretender Leiter der Lehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburgseine NS-Kontakte, um unliebsame Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen zu kündigen und hetzte im „Weinland“ gegen das internationale Judentum in der Weinbranche und gegen die Horden aus dem Osten.

Ähnlich spannend wie Zweigelts Leben ist auch die Geschichte der nach ihm benannten Sorte. Diese wurde 1922 gekreuzt, als er Leiter der Abteilung Rebenzüchtung war. Nur durch mehrere Zufälle sind einige dieser frühen Zuchtstämme erhalten geblieben. In den 1950er Jahren entdeckte man die Leistungsfähigkeit und die gute Weinqualität des Zuchtstamms 71 und 1956 die hohe Winterfrostfestigkeit. Lenz Moser, der Erfinder der ‚Lenz-Moser‘ Hocherziehung, propagierte daraufhin die Sorte als neue Rotweinsorte für Österreich und taufte sie nach seinem Lehrer ‚Zweigelt-Traube‘. Den Siegeszug ‚seiner‘ Sorte erlebt Zweigelt nicht mehr. Nachdem 1944 sein Sohn (einziges Kind) im Krieg gefallen und seine Frau 1958 verstorben war, stirbt Zweigelt im September 1964.

Wen könnte das Buch außer alten Rebenzüchtern noch interessieren? Selbstverständlich Wein-Liebhaber, aber auch Leser, die mehr über die deutsche und österreichische (Wein-)Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere in Zeiten des Nationalsozialismus, wissen wollen. Friedrich Zweigelt ist ein Kind seiner Zeit und sicherlich ein gutes Beispiel für die Verstrickung von Wissenschaft und Forschung in den Nationalsozialismus.

Ernst Rühl, Geisenheim

2023: Bagola, Holger und Schöffling, Harald: Roter und Weißer Elbling

Bagola, Holger und Schöffling, Harald: Roter und Weißer Elbling. Verlag für Geschichte & Kultur, Trier 2023. 192 Seiten; ISBN 978-3-945768-24-2. 18,50 Euro. 

Wie der Titel schon erahnen lässt, richtet sich dieses Buch an alle Weinliebhaber und Fachleute, die schon immer fundierte und sehr detaillierte Informationen rund um die Rebsorte Elbling suchten. Mit ihrer weiß- und rotbeerigen Form besitzt sie eine jahrhundertelange Anbautradition und ist in Deutschland, vor allem für das Moselgebiet, von besonderer kulturhistorischer Bedeutung. Aufgrund des hohen Ertrags war sie in der Vergangenheit oft die Rebsorte der Wahl, verlor jedoch nach dem Wegfall des „Zehnt“ zunehmend an Bedeutung. Die Qualität wurde dabei oft als minderwertig empfunden und Rebsorten wie der Riesling erhielten Vorrang. Besonders aber nach Krisenzeiten flammte, aufgrund der hohen Ertragsstabilität, das Interesse zunehmend wieder auf, so dass die Rebsorte Elbling in den letzten Jahrhunderten einige Höhen und Tiefen erlebte. Heutzutage ist sie aber trotz aller Widrigkeiten noch immer im Anbau. Und das zurecht, was die Autoren in diesem Buch überzeugend darlegen können.

Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Teil I wurde von Holger Bagola verfasst und trägt den Titel „Bezeichnungen, Herkunft, Geschichte und Verbreitung“. Der Leser erhält hier vertiefende Einblicke in die ampelographische Beschreibung der Rebsorte mit all den Diskrepanzen und diskussionswürdigen Punkten historischer Werke sowie eine aktuelle Fassung aus der Beschreibenden Sortenliste 2015: Reben des Bundessortenamtes. Besonders hervorzuheben ist hier die Tatsache, dass der Rote Elbling oft als reine Beerenfarbmutation des Weißen Elblings beschrieben ist, es aber dennoch weitere, nicht zu vernachlässigende, ampelographische Unterschiede gibt. Weiterhin wird der Ursprung des Namens Elbling diskutiert, die Problematik zu Synonymen und Homonymen dargelegt und dabei dezidiert auf die oft verwendete historische Bezeichnung „Kleinberger“ eingegangen. Abgerundet wird das Kapitel mit einigen geschichtlichen Aspekten und der heutigen Verbreitung (national wie international). Teil II wurde von Harald Schöffling verfasst und trägt den Titel „Höhen und Tiefen zweier traditioneller Rebsorten im Weinbaugebiet Mosel – 750 Jahre Anbaugeschichte –“. Nach einem informativen Exkurs zur Geschichte der Klonenzüchtung in Deutschland wird hier vor allem über die oben erwähnte wechselvolle Anbaugeschichte des Elblings unter Einbeziehung historischer Ereignisse und rechtlicher Maßnahmen berichtet. Weiterführend kann man sich über den aktuellen Stand des Anbaus mit Fakten zu Flächen, Klonen und Unterlagen sowie über Strategien zur Weinvermarktung oder z. B. geschätzte Produktionskosten informieren.

Insgesamt liefern die Autoren einen fundierten und gründlich recherchierten Überblick über alle weinrelevanten Aspekte der Rebsorte Elbling. Sie erläutern die Ursprünge und schlagen einen Bogen bis in die Gegenwart mit Empfehlungen für die Zukunft. Aufgrund des zweiteiligen Konzeptes gibt es logischerweise hier und da kleinere Dopplungen, die ich aber aufgrund der hohen Informationsdichte gerne erneut gelesen habe. Die Lektüre ist lehrreich, leicht nachvollziehbar und von weinkultureller Bedeutung. Ich empfehle sie jedem Wein- und Kulturinteressierten aus dem Mosel-Saar-Ruwer-Gebiet sowie generell jedem Weinliebhaber und Fachmann mit Interesse an der Rebsorte Elbling. Und wer nach dem Lesen des Buches direkt Lust auf einen Elbling-Wein oder -Sekt bekommen hat, dem liefern die Autoren eine umfangreiche Liste produzierender Winzer an der Ober- und Untermosel, die das Werk zweckdienlich vervollständigt.

Franco Röckel, Siebeldingen 

2023: Archäologie in Deutschland, Ausgabe Februar/März 2023 mit dem Schwerpunktthema Wein

Archäologie in Deutschland, Ausgabe Februar/März 2023 mit dem Schwerpunktthema Wein, herausgegeben vom Verband der Landesarchäologien in der Bundesrepublik Deutschland, Verlag wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt, ISSN 0176-8522. 12,95 Euro.

Unter dem Titel „Wein – Vom Göttertrank zum Gaumenkitzel“ widmet sich die Zeitschrift Archäologie in Deutschland (AiD) in der Ausgabe 1/2023 schwerpunktmäßig dem Thema Wein. „Seit wann kennt man in Mitteleuropa Wein? Keramikfunden sieht man nicht an, welches Getränk einst damit konsumiert wurde. Unser Wissen über das Weintrinken in der Ur- und Frühgeschichte sowie der Antike beruhte lange Zeit auf Schriftquellen und bildlichen Darstellungen. Chemische Analysemethoden änderten dies: Sie eröffnen uns einen neuen Blick, der zunehmend Licht ins Dunkel des Einzugs der Rebe in die verschiedenen Kulturen bringt.“ So überschreibt Philipp W. Stockhammer vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München das Schwerpunktthema Wein aus archäologischer Sicht. In sechs spannenden Beiträgen beleuchten Archäologen die Geschichte des Weins und beziehen hierbei neueste Erkenntnisse mit ein.

Maxime Rageot vom Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie desMittelalte rs an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen widmet sich der Frage „Was war im Gefäß?“ Mangels geeigneter Analysemethoden entzogen sich viele organische Materialien aus prähistorischen Epochen lange Zeit weitgehend der Forschung. Erst die Entwicklung relevanter chemischer Analyseverfahren und ihre Anwendung in der biomolekularen Archäologie ermöglichten die Extraktion und Bestimmung der chemischen Reste vergangener organischer Substanzen. In der frühkeltischen Zentralsiedlung Heuneburg in Baden-Württemberg wurde mediterraner Traubenwein gefunden. Rageot erläutert anhand dieser Funde das Potenzial von Rückstandsanalysen organischen Materials – sogenannte Biomarkeranalysen – bei der Untersuchung von Traubenprodukten, insbesondere Wein. Das Fallbeispiel zeigt eindrucksvoll, wie naturwissenschaftliche Analysen von Nahrungsrückständen ganz neuartige Einblicke in prähistorische Trinksitten und Handelsnetzwerke bieten können.

Manfred Rösch vom Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie an der Universität Heidelberg beschäftigte sich über einen langen Zeitraum hinweg mit Traubenkernfunden in Lehmgefachen historischer Gebäude und Pollenfunden in Seeablagerungen. In seinem Beitrag „Die Rebe und ihre Kultivierung“ erläutert er seine Ergebnisse, die es erlauben, Ausbreitung und Rückgang des Weinbaus im deutschen Südwesten seit der Römerzeit nachzuzeichnen. Diese Erkenntnisse stellen eine hervorragende Ergänzung zur Auswertung von Schriftquellen dar.

Carola Metzner-Nebelsick vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München und Louis Nebelsick vom Instytut Archeologii Uniwersytetu Kardynała Stefana Wyszyńskiego in Warschau sahen sich Belege für Weinkonsum aus der Bronzezeit und der frühen Eisenzeit an. Sie kamen zum Ergebnis, dass die Vermittlung des Weintrinkens als Kulturpraxis über Norditalien im Zug vielfältiger Kontakte bereits in der ausgehenden Bronzezeit in den nördlichen Alpenraum gelangte. Außerdem gingen sie Rezepten für Trankopfer nach, die sich rekonstruieren lassen anhand von Gefäßrückständen von der Heuneburg, die neben Wein Rückstände von Bienenwachs, Milchprodukten, Getreide und tierischen Fetten enthielten.

Janine Fries-Knoblach vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München analysiert unter der Überschrift „Edler Tropfen für edle Damen?“ bildliche, schriftliche und archäologische Quellen über Winzerinnen, Weinhändlerinnen und Weintrinkerinnen seit dem Beginn des Weinbaus. Wein war nicht nur Männersache!
In ihrem zweiten Beitrag „Rom und die Nordwestprovinzen“ beschreibt sie Weinbau und Weinkonsum in Rom, in Italien und in den römischen Provinzen. Hiervon zeugen Kelteranlagen, Weinlager, Weingefäße, Bildquellen und botanische Reste von Weinbau. Seit etwa 150 v. Chr. gibt es zudem Landwirtschaftsliteratur, in der Weinbau eine zentrale Rolle spielt.

Victoria Altmann-Wendling lehrt Ägyptologie am Institut für Altertumswissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Gemeinsam mit Philipp W. Stockhammer entstand unter der Überschrift „Ägypten, Anatolien und Griechenland in der Bronzezeit“ ein Überblick über die frühesten Nachweise von Wein in Eurasien und im Ostmittelmeerraum. Der Weinkultur gehen sie anhand von Darstellungen auf griechischer Keramik und ägyptischen Grabreliefs nach.

Die Texte sind spannend, gut lesbar und allgemeinverständlich aufgebaut sowie reich bebildert. Wertvoll sind die weiterführenden Literaturtipps, die eine tiefergehende Lektüre anregen. Das Heft sei allen empfohlen, die sich einen Überblick verschaffen wollen zu den aktuellen Methoden und Ergebnissen der archäologischen Forschung in Sachen Weingeschichte.

Christine Krämer

2022: Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer: Mosel-Anruf – Schriften der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer e. V.

Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer: Mosel-Anruf – Schriften der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer e. V. Nr. 50–51. Verlag + Druck Linus Wittich KG, Forchheim, 2022. 246 Seiten; ISSN 1868­9647. 8,00 Euro*

[*zu beziehen über Sekretariat der Weinbruderschaft Mosel­Saar­Ruwer, Tel: 0171 8178394]

Der Mosel­-Anruf, eigentlich gedacht als Tätigkeitsbericht der Wein­bruderschaft Mosel­-Saar­-Ruwer, wurde 2022 aufgrund der Corona­ Einschränkungen als Doppelnummer 50 und 51 für die Jahre 2020 und 2021 herausgegeben. Da er neben den Aktivitäten der Weinbru­derschaft einige interessante Beiträge weinfachlicher und weinkultu­reller Art enthält, soll hier darauf hingewiesen werden.

Die weinfachlichen Beiträge werden mit der Jahrgangsbeschreibung 2020 einschließlich Klimadaten eingeleitet. Daran schließt sich ein umfangreicher Beitrag zur Bedeutung von Standort und Unterlags­reben für Riesling­Klone an der Mittelmosel an. In einer weiteren Abhandlung werden die „Anfänge der Züchtung pilzwiderstandsfähi­ger Rebsorten (PIWIS) in Deutschland" und Nachbarländern darge­stellt. Dabei wird auch die Vermarktung solcher Weine kritisch hinter­ fragt.

Drei bemerkenswerte historische und weinkulturelle Beiträge wurden abgedruckt.

Karl Adams hat „Blüte und Niedergang des Weinbaus in Stadt und Amt Linz am Rhein“, seiner Geburtsstadt, erforscht und nachgezeichnet. Der historischen Betrachtung folgt die Darstellung der Weingüter in Linz und Umgebung bis zum 19. Jahrhundert sowie die Blütezeit des Weinbaus in der Zeit von 1815 bis 1870. Als Ursachen für den Rück­gang des Weinbaus nennt er die eingeschleppten Rebkrankheiten und für den Niedergang im 20. Jahrhundert die industrielle Entwicklung mit ihren bevorzugten außerlandwirtschaftlichen Alternativen für Arbeitskräfte.

Der Historiker und Geschichtsforscher Franz Irsigler geht der Frage nach, „Wie alt ist der bekannte Weinlagenname „Goldgrube“ in Wolf (Ortsteil von Traben­Trarbach) und wie könnte er entstanden sein“.

Die Forschungen und Aufzeichnungen des verstorbenen Historikers Karl­-Josef Gilles nutzte sein Sohn Joachim, um den Artikel „Das „Sauf­bähnchen“ unterwegs zwischen Trier und Bullay" zu verfassen. Der Name „Saufbähnchen" kam im Volksmund deshalb auf, weil die Bahn ab 1907 in einigen Zügen einen Salonwagen einsetzte, in dem Wein der Region mit Bestellung beim Schaffner verkostet werden konnte. Schon Kurt Tucholsky hatte das Bähnchen während seiner Moselreise 1930 benutzt und ihm ein literarisches Denkmal gesetzt: „Wir soffen uns langsam den Fluß hinab, wir fuhren mit dem Saufbähnchen von Trier nach Bullay hinunter, und auf jeder dritten Station stiegen wir aus und sahen nach, wie es mit dem Weine wäre.“

Lesenswert sind auch drei weitere Aufsätze und zwar ein Beitrag von Ursula Schöffling über „Stein-­Wein­-Panorama-­Erlebnisweg Fell – ein Ausflug in den Wein-­ und Schiefer­-Ort", eine Darstellung von Claudia Müller „Ein neues Zuhause für Flora und Fauna", in der die Autorin den Bau eines Lebensturms für Insekten, Reptilien, Kleinsäuger und Vögel beschreibt und der Beitrag von Hans Adolf Polch „Skulpturenpfad im Erdener Treppchen – Art Brut, die Kunst von Laien und Menschen mit Beschränkungen".

Das breite Spektrum an interessanten Themen hält für jeden Leser sicherlich etwas bereit.

Gerhard Stumm

2022: Stoll, Manfred/Schultz , Hans-Reiner: Das Deutsche Weinbaujahrbuch 2022

Das Deutsche Weinbaujahrbuch 2022. Herausgeber: Prof. Dr. Manfred Stoll und Prof. Dr. Hans-Reiner Schultz, Geisenheim. 2022. 264 Seiten, 16 Farbfotos, 57 farbige Zeichnungen, 44 Tabellen, kartoniert; ISBN 978-3-8186-1461-4. 14,95 Euro.


Das Deutsche Weinbaujahrbuch 2022 enthält wie auch in den Vorjahren (seit 1949) lesenswerte Berichte über die neuesten Entwicklungen in der Weinbranche, interessante historische Beiträge und aktuelle Fachbeiträge aus dem Weinbau und der Kellerwirtschaft. Für die vor allem weingeschichtlich interessierten Mitglieder der Gesellschaft für Geschichte des Weines sind mehrere Beiträge in besonderer Weise zu empfehlen: Lutz Häfner (Fakultät für Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld) befasst sich mit dem russischen Weinbau: „Zwischen Weiß und Rot: Probleme des Weinbaus in Russland und der Sowjetunion 1914–1929“. Dazu zählen natürlich auch die ukrainischen Weinbaugebiete und damit die aktuellen Farben blau und gelb. Barbara Bernard, Jörn Schultheiss und Eckhard Jedicke (Hochschule Geisenheim University sowie Landesamt für Denkmalpflege Hessen) steuern den Beitrag bei: „Historischer Weinbau im Rheingau – Weinbaugeschichte einer Landschaft mit dem Informationssystem Kultur.Landschaft.Digital (KuLaDig) sichtbar machen“. Ein wichtiges Projekt, das wir auch bereits auf der Webseite der Gesellschaft vorgestellt haben. Hanns-Heinz Kassemeyer, Gottfried Bleyer und Michael Breuer (Staatliches Weinbauinstitut Freiburg) stellen ein Stück Geschichte der Freiburger Lehranstalt vor: „100 Jahre Staatliches Weinbauinstitut – ein Blick zurück in die Anfangszeiten der der Forschungs- und Entwicklungsarbeit für gesunde und leistungsfähige Reben.“ In den Berichten des Weinbaues werden natürlich auch andere hochaktuelle Themen behandelt und in die Zukunft geschaut. Zu nennen ist zum Beispiel der Beitrag von Maksim Vlah, Michael Paul Kramer und Jon H. Hanf (Hochschule Geisenheim University) „Künstliche Intelligenz zur effizienten Steuerung von Wein- lieferketten – Auf dem Weg zur transparenten Nachfrageprognose“. Wie immer werden im Anhang Statistiken, Tabellen und Verzeichnisse aufgeführt zum „Weinbau in der Bundesrepublik Deutschland 2020“, „In Deutschland zugelassenen Keltertrauben- und Unterlagsrebsorten“, „Keltertraubensorten in Deutschland“, ein „Rebschutzmittelverzeichnis“, eine „Auswahl deutschsprachiger Fachzeitschriften“ sowie „branchenrelevante Anschriften“. Kurzum, ein unverzichtbares Nachschlagewerk für alle Experten und Interessenten in der Weinbranche.


Dr. Rudolf Nickenig, Remagen

  1. 2022: Schick, Tobias: Weinbau in der Renaissance – von der Traube bis ins Glas
  2. 2022: Nickenig, Rudolf: Köln – eine merkwürdige Weinstadt
  3. 2022: Naser, Christian: Balthasar Neumanns Weinhändlerschloß
  4. 2022: Kupfer, Peter: Ursprünge, Überlieferungen und Entwicklungen der Weinkultur und des Weinbaus in China

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