Buchbesprechungen
Wir veröffentlichen regelmäßig Rezensionen von Büchern und anderen Veröffentlichungen der Weinkultur und Weingeschichte. Wenn Sie Anregungen für Besprechungen haben, wenden Sie sich gerne an uns!
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Daniel Kuhn; Franz Quarthal; Reinhold Weber:
Die Geschichte des Weines in Baden und Württemberg.
Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2015. 224 Seiten mit zahlreichen Abb.
ISBN 978-3-17-028560-6. 39,99 EUR
Das Autorenteam, drei renommierte Historiker, präsentieren ein wertiges, reich bebildertes Buch mit modernem Layout. Dem zeitlichen Rahmen der vergangenen 2000 Jahre stellen sie zwei wesentliche Erkenntnisse zuvor:
– „Die Geschichte des Weines ist ein Stück Kulturgeschichte“ (mit bewusster Unterscheidung zwischen dem Weingenuss und der praktizierten Rebenkultivierung).
– „Der Weinbau hatte immensen Einfluss auf die Entstehung der Kulturlandschaft Südwestdeutschlands.“
Zur Erläuterung und Begründung dieser Aussagen werden im ersten Teil (3 Kapitel) charakterisiert: die beiden Anbaugebiete Baden und Württemberg, die Kulturmaßnahmen im Weinberg, die Methoden der Wein- und Sektbereitung sowie die jeweils wichtigsten Rebsorten.
Teil 2 (5 Kapitel) befasst sich mit: der Einführung und Wertschätzung des Weingenusses zur Zeit des Römischen Reiches im Dekumatenland (westlich des Rheins bzw. nördlich der Donau) durch die Gallier; später, ab dem 3./4. Jahrhundert auch Rebenanbau, forciert durch die christianisierten Alemannen, welche liturgischen Wein benötigten. Die weiteren vielfältigen Entwicklungsstufen des Weinbaus und der Trinkkultur „Alltagsgetränk“ – „Wein - eine heilige Sache“ – „Wein als Medizin“ – "Wein als Statussymbol und bedeutsamer Wirtschaftsfaktor“ – „Rebenanbau und Weinbereitung, da verwaltungsintensiv, als strukturelle Wegbereiter für frühmoderne Staaten“ – „Wein als gesellschaftintegrierendes Getränk, teilweise auch mit Kultstatus“ werden vor dem Hintergrund der klimatischen und sozialen Einflussfaktoren dargestellt. Erkennbar wird ein enorm wechselhafter Werdegang, der nach dem Beginn der Verwissenschaftlichung im 19. Jahrhundert, Zitat: „…erst Mitte des 20. Jahrhunderts in die Neuzeit katapultiert wurde.“
Im dritten Teil (3 Kapitel) „Weingeschichten“ wird zunächst die maßgebliche Förderung des Weinbaus und der Weinkultur durch die hier ansässigen Adelsfamilien nachgezeichnet; ergänzend folgt eine Beschreibung ihrer heute aktuellen Weingüter. Das sich anschließende Kapitel umfasst die „Reben- und Weinforschung“, ausgehend von den antiken Aufzeichnungen der römischen Schriftsteller M. P. Cato und L. I. M. Columella (d.Ä.) über die wenigen Publikationen des Mittelalters, bspw. K. von Megenberg oder G. von Franken, hin zum Zeitalter der Aufklärung (z.B. J. C. Schiller, B. Sprenger oder J. M. Sommer) und den Lehrbüchern der Neuzeit (z.B. J. P. Bronner, L. J. L. von Babo, I. A. L. Dornfeld oder A. Blankenhorn). In etwa zeitgleich erfolgte die Gründung mehrerer Ausbildungs- und Forschungsinstitutionen (1818 Universität Hohenheim, 1868 LVWO Weinsberg, 1919 WBI Freiburg), um über eine weinbauliche und önologische Professionalisierung des Nachwuchses diesen wichtigen Berufsstand zukunftsfähig zu machen. Die letzten Artikel beinhalten Themen zur heutigen Weinkultur bzw. dem aktuellen Weingeschmack, wobei die Aspekte Gesundheit, Trinkkultur, Qualitätsstreben, Landschaftspflege und Weintourismus berücksichtigt werden.
Zusammenfassend kann konstatiert werden: Die historischen Kapitel sind gut recherchiert und das Kulturgut Wein wurde in all seinen Facetten adäquat und aufschlussreich im geschichtlichen und gesellschaftspolitischen Kontext dargestellt.
Aber – leider sind viele spezielle weinbauliche und önologische Sachverhalte unvollständig, sehr laienhaft, teilweise auch falsch bzw. nicht dem heutigen Erkenntnisstand entsprechend wiedergegeben. Zudem wurde oberflächlich redigiert, sodass einige falsche Abbildungsvermerke und Schreibfehler unterliefen. Hierdurch wird der Wert dieses Buches erheblich gemindert.
Verfasser: Dr. Bernd H. E. Hill, Lauffen am Neckar
Aus: Mitteilung der GGW 1/2016
Barbara Jordans:
200 Jahre Rheinhessen im Spiegel eines Weinguts. Das Weingut Merz in Ockenheim.
Hrsg.: Carl-Brilmayer-Gesellschaft e.V.
Beiträge zur Geschichte des Gau-Algesheimer Raumes, Bd. 58/2015.
251 Seiten mit Abb. ISBN 978-3-9809365-0-7. EUR 12,-
Aus Anlass des 200jährigen Bestehens der Region Rheinhessen im Jahre 2016 hat die in Ockenheim lebende Autorin Barbara Jordans die Geschichte Rheinhessens anhand eines Weingutes in der Weinbaugemeinde Ockenheim in dem vorliegenden Band festgehalten. Dabei konnte sie auf umfangreiche Aufzeichnungen und Dokumente des in Ockenheim ansässigen Weinguts Merz zurückgreifen, die hier abgebildet sind und auch im Rahmen einer Sonderausstellung zum Internationalen Museumstag ab Mai 2016 der Öffentlichkeit zugänglich sind.
Barbara Jordan hat einzelne Facetten aus der Geschichte des Weingutes und der mit ihm verbundenen Menschen in ihrer jeweiligen Zeit vorgestellt. Die zeitgenössischen und teilweise sehr persönlichen Perspektiven spiegeln wider, was den Menschen in ihrer Zeit wichtig war und liefern dadurch ein abwechslungsreiches und authentisches Bild.
Einer kurzen geschichtlichen Darstellung des Dorfes Ockenheim folgt sehr ausführlich die Schilderung der Entwicklung des Weingutes Merz. Seine Anfänge gehen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück, als der Mainzer Kaufmann Franz Michael Cremer Clara Engel heiratete, die in Ockenheim begütert war. Es war die Zeit des aufstrebenden Bürgertums, die den Umbruch an der Wende des 18. zum 19. Jahrhunderts widerspiegelt.
In vierter Generation bewirtschaftete Wilhelm Rasch als Mainzer Essigfabrikant mit seiner Frau Amalia das Weingut, die dieses mit in die Ehe brachte. Wilhelm Rasch hatte ein Faible für den Weinbau; er führte in seinem Weingut nicht nur den sortenreinen Ausbau der Weine ein, er betätigte sich auch wissenschaftlich auf dem Gebiet der Pfropfung von Reben, beim Rebschnitt, der Anpflanzung und Züchtung neuer Rebsorten und vieles mehr. Ockenheim verdankt ihm die Einführung des Blauen Portugiesers.
Die aus der Ehe von Amalia und Wilhelm Rasch hervorgegangene Tochter Anna heiratete einen Georg Merz, sodass das Weingut bis in die Gegenwart diesen Namen trägt.
Sehr ausführlich wird die Zeit bis zur Gegenwart beschrieben. Breiten Raum nehmen auch die Schilderungen der Sorgen und Entbehrungen während und zwischen den beiden Weltkriegen ein.
Das Buch zeichnet ein authentisches Bild der letzten Jahrhunderte, wobei die vielen eingestreuten Passagen aus Tagebüchern die Neugierde besonders wecken.
Verfasser: Dr. Gerhard Stumm, Bad Kreuznach
Aus: Mitteilung der GGW 1/2016
Theodor Häußler:
400 Jahre Weinpresse a. d. Donau.
Hrsg.: Förderverein BaierWeinMuseum, Bach a. d. Donau 2015. 20 S., mit Abb.
Schriftenreihe "BaierWeinMuseum", Nr. 18. EUR 5,-
Bezug über das BaierWeinMuseum
Der aktuelle Anlass für diese Schrift ist das Jubiläum des „zentralen Bestandteils des BaierWeinMuseums“, die 400 Jahre alte Baumkelter aus dem Jahre 1615.
Der Verfasser beschreibt das „Schmuckstück“ des BaierWeinMuseums und stellt nach intensiven Recherchen fest, dass es sich um die sechstälteste Baumpresse in Deutschland handelt. Eine linguistische Abhandlung der Begriffe Kelter und der sich um den Arbeitsvorgang rankenden Synonyme schließt sich an.
In einem weiteren Kapitel beschreibt Häußler ausführlich die Presstechnik, bevor er die Besonderheiten der Bacher Baumpresse sowie die Arbeiten im Biethaus schildert.
Mit zahlreichen Abbildungen werden die Ausführungen aufgelockert.
Verfasser: Dr. Gerhard Stumm, Bad Kreuznach
Aus: Mitteilung der GGW 3/2015
Jochen Hamatschek:
Technologie des Weines.
Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart 2015. 478 Seiten mit zahlreichen Abb. und Tabellen.
ISBN 978-3-8001-7959-6. EUR 79,90
Das bisherige Standardwerk „Technologie des Weines“ von Professor Gerhard Troost, das viele Generationen von Ingenieuren, Technikern und Kellermeistern bei ihrer Ausbildung und im Berufsleben begleitete, ist 1988 in der sechsten Ausgabe das letzte Mal erschienen.
Einer seiner Nachfolger hat jetzt nach vielen Jahren eine längst überfällige Neuauflage verfasst. Sie baut zwar auf dem Fundament der Troost'schen Ausgabe auf, behält Niveau und Praxisorientierung bei, der Inhalt muss sich aber bei fundamental veränderter Kellerwirtschaft den Anforderungen des Internetzeitalters und der Globalisierung stellen.
Da der Weintechnologe heute auch als Manager angesehen wird, hat sich der Autor bemüht, den Prozess der Weinherstellung im Zusammenhang zu betrachten; er hat nicht allein die Arbeiten im Keller skizziert, sondern dabei immer die Auswirkungen auf das Endprodukt, auf das vom Konsumenten Präferierte im Auge behalten. Jochen Hamatschek beleuchtet schrittweise den Entstehungsweg von der Traube bis zum Wein. Vermittelt werden die Prinzipien der Herstellung von Wein und dessen Nebenprodukten. Im Einzelnen behandelt der Autor ausführlich die Anatomie der Traube, die Saftgewinnung, die spezielle Technologie des Rotweines, den Weg vom Saft zum Jungwein sowie vom Jungwein zum füllfertigen Wein, die Nebenprodukte der Weinbereitung, die Abfüllung als Qualitätsparameter für Wein, die technische Kellerausstattung und Managementsysteme.
Die neue „Technologie des Weines“ von Jochen Hamatschek ist ein Standardwerk der Önologie, das an das von Gerhard Troost anschließt.
Verfasser: Dr. Gerhard Stumm, Bad Kreuznach
Aus: Mitteilung der GGW 2/2015
Ralf Frenzel (Hrsg.):
Kloster Eberbach – Geschichte und Wein.
Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2015. 240 Seiten.
ISBN 978-3-944628-71-4. EUR 49,90
Der Herausgeber hat mit diesem Buch die enorme Bedeutung des rund 900 Jahre alten Klosters Eberbach für den Rheingau aber auch für Deutschland und die Welt dokumentiert. Seit Gründung des Klosters durch die zisterziensischen Mönche bis in die Jetztzeit ist dieses unmittelbar mit dem Weinbau verknüpft. In der umfassenden Darstellung wird eine der wertvollsten und international bedeutendsten kulturellen Schätze gewürdigt und gleichzeitig ein Beitrag zur Vergegenwärtigung für zukünftige Generationen geleistet.
Kloster Eberbach war fast zwei Jahrhunderte nach der Säkularisation im Eigentum des Landes Hessen. Somit stand das Land in der Pflicht, die notwendigen Investitionen zum Erhalt des Klosters und der dazugehörigen Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach zu finanzieren. Zum 1. Januar 1998 wurde das Kloster rechtlich vom Weingut getrennt und in eine Stiftung überführt; dies allerdings nicht, ohne der Stiftung vertraglich zuzusichern, die bis zum Jahre 2024 durchzuführende Generalsanierung zu finanzieren. Das Weingut wurde in eine GmbH umgewandelt, um es für die Zukunft auf ein wirtschaftliches, solides Fundament zu stellen. Die einzelnen Schritte und Wege dorthin werden aufgezeichnet.
In einem weit ausholenden Beitrag schildert Martin Wurzer-Berger zunächst Geschichte, Entwicklung und Bedeutung des Mönchtums allgemein, bevor er in einer leicht verständlichen, nicht streng wissenschaftlichen Sprache auf die Gründung des Klosters Eberbach im Jahre 1136 zu sprechen kommt. Die sich daran anschließende Schilderung der Entwicklung des Klosters im feuilletonistischen Stil endet nicht mit der Säkularisation im Jahre 1803, es wird auch auf die Wahrung der Kontinuität der über achthundertjährigen Tradition durch die Hessische Landesregierung eingegangen.
Unter dem Titel „Es blühe der Steinberg“ hat Daniel Deckers die Entwicklung des Weinguts Kloster Eberbach von der Gründung bis zur Gegenwart ausgeleuchtet. Dabei war es vor allem die Monopollage „Steinberg“, die das Weingut zu der Anerkennung emporsteigen ließ, die es noch heute erstrahlen lässt. Spätestens seit 1170, so Deckers, setzten die Mönche alles daran, durch Tausch, Kauf und Rodung eine zusammenhängende Fläche dieser exponierten Südlage zu erhalten, die ihnen die Anlage eines Weinbergs ermöglichte. Der Wein wurde in der nahe gelegenen Abtei ausgebaut und zum größten Teil per Schiff nach Köln gebracht und verkauft. Ab dem 15. Jahrhundert gibt es schon Hinweise auf Herkünfte wie „Marcobrunn“, „Sandgrub“ oder „Steynberg“. Auch was die Weinbehandlung betraf, so waren die Eberbacher Mönche Pioniere; sie setzten schon im 16. Jahrhundert Tücher zur Filtration und Hausenblasen zur Schönung ein.
Schwere Zeiten folgten mit dem Dreißigjährigen Krieg, als sie vertrieben wurden und nach der Wiederkehr mit dem Aufbau beginnen mussten. Wirklich lange dauerte die Blütezeit nicht; sie neigte sich bereits Ende des 18. Jahrhunderts dem Ende zu. 1797 plünderten die Franzosen den Keller mit wertvollen Weinbeständen. Nach der Säkularisation ging das gesamte Kloster in den Besitz des Fürstentums Nassau-Usingen über. Ein Teil der Gebäude wurde nun umgewidmet oder dem Verfall preisgegeben; ein Teil des Steinbergs wurde aufgeforstet. Erst der Jahrgang 1811 mit seinen Jahrhundertweinen, die immense Preise erbrachten, öffnete dem Fürstentum die Augen und führte zu einem Umdenken. Plötzlich war der Steinberger wieder der Garant für gute Erlöse. Ein halbes Jahrhundert nach dem Niedergang des Klosters nahm der Wein wieder jenen hervorragenden Ruf ein, den er bis heute bewahrt und ausgebaut hat. Nicht unerwähnt lässt der Autor auch die Querelen um den Bau einer neuen Kellerei im Steinberg, die 2008 eröffnet wurde, wobei heute jegliche Gegenstimmen verstummt sind. Im Jahre 2010 wurde dem Weinkeller sogar der zum zweiten Mal vergebene Architekturpreis für harmonisches Zusammenspiel von Alt und Neu verliehen.
In einem weiteren Kapitel beschreibt der Architekturkritiker Gerwin Zohlen „die karge Schönheit“ von Kloster Eberbach und dem Steinberg. Einer knappen Betrachtung des Klosters, seiner Baugeschichte und seiner architektonischen Schönheit und Harmonie folgt eine ausführliche Betrachtung der einzelnen Schritte des Neubaus der Kellerei in der Gegenwart, die er in höchsten Tönen lobt: „Es ist mit gegenwärtigen architektursprachlichen Mitteln die gleiche Haltung der Reduktion und Zurückhaltung, die sich hier wie dort zeigt, ... Wie ein Ausguck zum Rhein bietet sich die Domäne heute dar, mit einem faszinierenden Rundblick in die Weiten des Raumes. Nichts drängt sich vor, nichts drängt sich auf, alles ordnet sich angemessen dieser langen Tradition unter.“
Abschließend beleuchtet Till Ehrlich, Weinjournalist und freier Redakteur, in seinem Beitrag „Der Steinbergkeller und die Domänen Steinberg und Rauenthal“, diese beiden Unternehmensteile, bevor die weiteren Gutsbetriebe Aßmannshausen, Rüdesheim, Rauenthal und Bergstraße im Einzelnen mit ihren Besonderheiten, Weinlagen und Weinen vorgestellt werden.
Auch dieses Buch ist wie die anderen dieser Reihe reichlich mit anschaulichem Bildmaterial bespickt und ist reich an wissenswerten Informationen und Hintergründen.
Verfasser: Dr. Gerhard Stumm, Bad Kreuznach
Aus: Mitteilung der GGW 1/2018