Herbsttagung in Würzburg 2024 : Eindrücke, Impulse, Begegnungen

Während in den Weinbergen die letzten Trauben des Jahrgangs eingeholt wurden, hielt die Gesellschaft für Geschichte des Weines in der Franken-Metropole und drumherum ihre Herbst-Tagung ab, nämlich in der zweiten Oktoberhälfte vom 18. bis 20. Oktober. Das Programm wurde aus den Reihen der insgesamt rund hundert Teilnehmer (drunter etwa 70 Mitglieder sowie Kultur- und Weinbotschafter sowie Gästeführer) sehr positiv beurteilt. Das Fazit von Präsident Professor Andreas O. Weber lautet kurzgefasst: „Ein von Anfang bis zum Ende gelungenes Franken-Spezial“. Das kann man, am Rande bemerkt, auch für den Jahrgang 2024 verkünden (arbeitsintensiv, weniger Ertrag, aber hochwertige Qualität).

Dazu beigetragen hatte vor allem Mitglied Dr. Hermann Kolesch, vormals Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau und als solcher ein Intimkenner von Wein-Franken. Ihm waren viele Kontakte und die Kenntnis von hoch interessanten Stationen ebenso zu verdanken wie die Namen von Referenten und Tipps für das Programm, darunter auch die Einbindung der fränkischen Kultur- und Weinbotschafter sowie der Gästeführer im Gebiet. Hinterher war aus diesem Kreis Interesse an der Gesellschaft für Geschichte des Weines zu vernehmen. Kann sein, dass die Tagung die Mitgliederzahl erhöht. Kein Wunder, dass sich Dr. Kolesch über die Präsenz des Regional-Tourismus freute: „Sie waren ein guter, wichtiger Beitrag zur guten Mischung der Tagung.“

Auch die Meinungen von Mitgliedern verdeutlichte, dass Würzburg und sein Tagungsprogramm die drei Tage Teilnahme lohnten. „Die Mischung zwischen kürzeren Vorträgen und Besichtigungen vor Ort fand ich sehr gut“, meinte Kurt W. Welz aus Leonberg. Adolf Suchy aus Wiesloch freute sich über die „besondere lockere Stimmung in der Truppe, verantwortlich für die fränkischen Hauptfunktionsträger um Dr. Kolesch.“ Aus Bayerns Süden angereist war Donathe Neuhaus-Müller, Gästeführerin Bodensee/Allgäu, Zuhause in Nonnenhorn (Anbaugebiet Bayerischer Bodensee). Sie lobte „den tollen Tagungsort und eine perfekte Organisation.“ Fränkische Prominenz gab der Gesellschaft für Geschichte des Weines ebenfalls die Ehre. Die Fränkische Weinkönigin Lisa Lehritter aus Frickenhausen, die nach eigener Bekundung schon als Kind die Weinberge der Eltern als Spielplatz nutzte und später auf der Hochschule in Geisenheim Internationale Weinwirtschaft studierte, begrüßte die Runde, ebenso Frankens Weinbaupräsident Artur Steinmann, auch als Betreiber des Weingutes Pistoriushaus in Sommerhausen ein erfahrener Praktiker.

Das Programm, detailliert dargestellt in ausführlichen Referenten-Berichten auf den Folgeseiten, war ausgesprochen abwechslungsreich, die jeweiligen Vorträge hoch interessant und auch mitreißend. Es gab Momente zum Schmunzeln, etwa wenn Professor Peter Nick vom Botanischen Institut aus Karlsruhe humorvoll über die Evolution und den aufrechten Gang der Menschen berichtete. Ein durchaus aktuelles Thema auch zum kritischen Nachdenken waren die Ausführungen mehrerer Referenten über das Judentum und den jüdischen Weinhandel in Franken vor dem Zweiten Weltkrieg.

Eindrucksvoll waren die Informationen über die vielen Trockenmauern in den Weinbergen und die dahintersteckende Arbeit der Errichtung und Erhaltung. Dass sich das Gesicht der Weinlandschaften verändert, aber durch spezielle Konzepte gewahrt werden muss, war ein ebenfalls nachdenklich stimmendes Thema von Professor Eckhard Jedicke von der Hochschule Geisenheim, vor allem, weil er das mit Zahlen vom Mittelrhein untermauern konnte.

Die Referate gingen nicht nur in einem Saal des Juliusspitals Würzburg über die Bühne. Die Teilnehmer lernten auch das dazugehörige Weingut kennen. Es ist mit einer Rebfläche von 60 Hektar das größte Silvaner-Weingut der Welt, verarbeitet in einem Normaljahr rund eine Million Liter Rebensaft, kann einen 250 m langen Holzfasskeller vorweisen und eine temperierte Schatzkammer mit 15.000 Flaschen zurück bis zum Jahrgang 1967.

Ein spannender Programmpunkt außerhalb des Juliusspitals war eine Exkursion zu Magischen Orten des Frankenweins – Terroir f. Was geheimnisvoll klingt, steht für Orte im Gebiet mit einer ganz typischen Ausstrahlung, die eine charakteristische Episode vorweisen können, viel Genuss durch den Wein bieten und ihre Standorte in oder über den Weinbergen haben und in denen man sich mit einem speziellen Thema beschäftigt. Auch die lokale Landwirtschafts-Architektur bindet sich in dieses Thema ein. Beispiele für Magische Orte sind Rödelsee, Stetten, Thüngersheim, Volkach und Iphofen. Sie alle sind Bestandteile eines besonderen weintouristischen Projekts.

Mit auf dem Programmpunkt stand hier auch eine Exkursion an den früheren Wirkungskreis von Dr. Kolesch,
der Musteranlage der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim. Hier wurde demonstriert, welche Maßnahmen die Weinwirtschaft für Förderung der Artenvielfalt in den Weinbergen ergreift und ergreifen kann. Auch eine Anlage mit alten Rebsorten, die eigentlich ausgestorben waren, aber vielleicht eine Chance haben, wiederbelebt zu werden, wurde besichtigt. Der Magische Ort in Thüngersheim, bei dem die Mythologie eine wichtige Rolle einnimmt (hier der erste Winzer der griechischen Geschichte), wurde nicht trocken inspiziert, sondern begleitet von Silvaner und einer fränkischen Brotzeit.

Mehr Silvaner gab es für Teile der Gesellschaft bei einem weiteren Ausflug zum Würzburger Weingut am Stein. Hausherr Ludwig Knoll praktiziert schon seit Jahren biodynamischen Weinbau und nutzt im Keller ungewöhnliche Gefäße für den Ausbau von Teilen seiner Kollektion. Es sind Beton-Eier mit einem Fassungsvermögen von jeweils rund 1.000 Liter; sie erinnern in der Form etwas an die georgischen Qvevri aus Ton, in denen vermutlich schon vor 7.000 bis 8.000 Jahren Wein reifen durfte. Die Knoll-Weine bekommen ein langes Hefelager. Die Ausbauart ist etwas umstritten, auch die Bayerische Landesanstalt hat sich schon damit befasst. Knoll machte gute Erfahrungen und ließ sogar Große Gewächse mit langem Hefelager in Eiern reifen. Diskutiert wurde auch über das Holzfass und Edelstahl.

Normale Weine gab es für die Tagungsteilnehmer schon am ersten Abend zum Einstieg im Juspi, darunter Müller-Thurgau Ortswein und Rieslaner Auslese. Eine Führung durch das Weingut stimmte darauf ein. Beim Gala-Abend am Samstag im Pavillon des Juliusspitals machte ein Rosé-Sekt den Auftakt, dem einige trockene Weißweine wie ein
Sauvignon Blanc folgten und – ge-
wissermaßen als Pflichtübung – der fränkische Klassiker Silvaner aus dem Würzburger Stein. „Wir können auch Rot“ demonstrierte das Weingut mit einem Spätburgunder Großes Gewächs aus dem Pfaffenberg. Sie alle konnten als Stärkung für den Abschluss der Tagung, dem schon erwähnten Besuch von einem Magischen Ort (Thüngersheim) betrachtet werden. Das Finale am Sonntag bot außerdem Gelegenheit, mit dem Vorstand des Vereins Gästeführer Weinerlebnis Franken e. V. Erfahrungen auszutauschen. Es war ein fruchtbarer Austausch, der in eine intensive Beziehung münden kann.

Rudolf Knoll

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