Dionysos. Rausch und Ekstase.

Dionysos. Rausch und Ekstase

Katalog zur Ausstellung: 3.10.2013 - 12.1.2014 in Hamburg und  6.2. - 10.6.2014 in Dresden.
Hrsg.: Ortrud Westheider, Michael Philipp.Hirmer Verlag, München 2013. 248 Seiten.
ISBN 978-3-7774-2093-6. EUR 39,90

Die Wahrnehmung antiker Gottheiten und der hinter ihnen stehenden Religiosität ist durch das Christentum in vielfacher Weise verstellt. Aus christlicher Perspektive gesehen, erscheinen antike Götter merkwürdig, ja primitiv. Doch waren sie alles andere als das. Dionysos darf keineswegs als archaischer Gott aufgefasst werden, der für lustige Besäufnisse steht. Er war der Gott, auf den psychische Ausnahmezustände (griechisch: mania) zurückgeführt wurden, wovon der Rausch einer war. Im Gegensatz zum fernen Gott der Juden und Christen (wie auch des Islam), der einen Offenbarer benötigt (Moses, Jesus, Mohammed), war er im Rausch ganz unmittelbar selbst spürbar, in der Leidenschaft, auch der sexuellen, und der Begeisterung wurde seine Gottheit sinnlich erfahrbar. Der Mensch trat hinaus aus sich in der Ekstase der Bacchanalien, in Tanz und Erotik, und darin verspürte man die Möglichkeit,
die Welt zu transzendieren. So war der Dionysoskult eine Mysterienreligion, in der es auch um „Gotteserfahrung“ und „Erlösung“ im
Sinne der Bewusstseinserweiterung ging und des Überschreitens der eigenen Existenz. Dionysos/Bacchus war ein Gott, „der die geplagten Sterblichen vom Leid befreit“ (Euripides, Bakchen, 280).
Die 2013 zunächst in Hamburg und dann 2014 in Dresden gezeigte Ausstellung, deren üppiger Katalog hier vorliegt, gewinnt ihren besonderen Reiz dadurch, dass sie die antiken Zeugnisse des Dionysoskultes mit jüngeren Darstellungen dionysischer Thematik konfrontiert. Ab der Renaissance stießen solche Stoffe auf ein neu erwachtes großes Interesse und immer wieder staunt man in der Ausstellung über frappante Ähnlichkeiten oder die unmittelbare Wirkungsgeschichte über Jahrhunderte hinweg, so z. B. wenn man den trunkend sinnierenden Dionysos des Ikarios-Reliefs aus dem Archäologischen Nationalmuseum Neapel neben dem vom Spanier Jusepe de Ribera (1591-1652) gemalten aus dem Prado sieht, oder die tanzende „Dresdner Mänade“ der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. neben der „Tanzenden Bacchantin“ auf dem Ölbild des Lawrence Alma-Tadema (1836-1912).
Die Ausstellung prunkt mit antiken Kunstwerken aus Dresden selbst (Statue des jugendlichen Dionysos, um 120/140 n. Chr.; Dionysischer Sarkophag, um 210 n. Chr.) und zahlreichen Objekten der griechischen Vasenmalerei einerseits, wie andererseits mit Kunstwerken von Dürer, Rubens, Raffael, Anselm Feuerbach, van Dijck, Franz von Stuck und Angelika Kauffmann bis hin zu Picasso.
Zusammen mit dem 2008 erschienenen Katalog der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin „Dionysos. Verwandlung und Ekstase“ (siehe unten) wird der sorgfältig redigierte, exzellent bebilderte Katalog ein Standardwerk für längere Zeit sein.

Verfasser: Prof. Dr. Hans Reinhard Seeliger, Rottenburg
Aus: Mitteilung der GGW 2/2014

Dionysos. Verwandlung und Ekstase.

Begleitband zur Sonderausstellung im Berliner Pergamonmuseum vom 5.11.2008 - 31.1.2010 mit 11 Essays und Katalog.
Hrsg.: Renate Schlesier, Agnes Schwarzmaier.

Verlag Schnell + Steiner, Regensburg 2008. 224 Seiten. ISBN 978-3-7954-2115-1. 
Weinbibliographie [Schoene3] Nr. 31430

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