2023: Küsters, Ernst: Mit Rotwein gegen Krebs

Küsters, Ernst: Mit Rotwein gegen Krebs – Wie die richtigen
Naturstoffe helfen.
BoD – Books on Demand 2023, 286 Seiten. ISBN: 978-3-74481-660-1. 14,40 Euro.

„Mit Rotwein gegen Krebs“ ist ein medizinisch-ernährungswissenschaftliches Fach- und Sachbuch über die antikanzerogenen Wirkstoffe im Wein. Es werden die wichtigsten Einzelstoffe und ihr pharmakologisches Potential kurzweilig vorgestellt und durch ein ausführliches Quellenverzeichnis gestützt. Der Leser sollte allerdings biologisch vorgebildet sein, um alles verstehen zu können.

Man merkt, dass der Autor über viele Jahre (1984–2020) Krebsmedikamente in der Pharmaindustrie miterforscht hat.  Küsters stellt zu Beginn sachkundig und biochemisch umfassend die grundlegenden Mechanismen der Entstehung von Krebs dar. Dabei verweist er zunächst auf das diesbezüglich unterschätzte Zuckerabbauprodukt Methylglyoxal, das als mutagen und cancerogen gilt und fordert weniger Zucker – und mehr Rotwein – in unserer Nahrung. Dass das Überangebot an Zucker für viele Erkrankungen, einschließlich bestimmter Krebsarten verantwortlich gemacht wird, ist mittlerweile unumstritten.

Wein ist mehr als Alkohol. So gibt es über Säuren, wie Weinsäure, Gallussäure, Vanillinsäure, Kaffeesäure in der Tat gute Studien, die die Biochemie der Wirkung erklären. Ebenso werden die Polyphenole, wie Catechine und glykosilierte Flavonoide, wie das Malvidin, als bekannt antikanzerogen erwähnt. 

Schwerpunkte des Autors sind die Polyphenole, allen voran das Resveratrol. Von ihm weiß man schon lange, dass es antikanzerogen und lebensverlängernd wirkt. Allerdings ist kritisch zu hinterfragen, wie viele Liter Wein man trinken müsste, aber wegen des Alkohols nicht sollte, um die pharmakologische Wirkung zu erzielen. Zwar gibt es die beschriebenen Wirkungen, die Frage ist, ob sie beim moderaten Konsum relevant sind.

Auf das Mengenproblem weist auch Küsters hin, nämlich dass das Resveratrol im „durchschnittlichen“ Wein nicht ausreicht und wirft daher die Frage auf, ob bestimmte Rebsorten unter diesem Aspekt empfehlenswert seien. Er konzentriert sich insbesondere auf Piwis als „richtigen“ Rotwein oder denkt sogar über „Kunstweine“ mit optimierter Zusammensetzung. Diese Überlegungen sind doch sehr problematisch. Natürlich findet man in Piwis, wie Regent oder Cabernet cortis, eine höhere Konzentration an Catechinen, Resveratrol oder Kaftar­säure, die allesamt als pharmakologisch wirksam gelten. Aber die Konzentration auf den „optimalen“ Wein (als Arzneimittel) ist nicht der richtige Ansatz für ein landwirtschaftliches Erzeugnis und Kulturgut. Vor allem sind derartige Ansätze im heutigen gesellschaftspolitischen Umfeld nicht kommunizierbar.  

Der eigentliche Schwachpunkt: Küsters geht kaum auf kanzerogene Wirkungen des Alkohols per se bzw. dessen Oxidationsprodukt, auf das Acetaldehyd, ein. Diese Wirkungen sind wissenschaftlich ziemlich gut belegt und müssen sehr detailliert betrachtet und bewertet werden. Und es ist auch nicht zu übersehen, dass Alkohol im Wein um ein Vielfaches mehr vorkommt als die anderen Inhaltsstoffe. Die Summe der Einzelfaktoren ist eben doch was anderes als das Ganze. Kritisch ist auch anzumerken, dass der Titel nicht besonders glücklich gewählt ist – vor allem im Hinblick auf die alkoholpolitischen Gesamtwetterlage. „Wein als Medikament“ weckt negative Assoziationen und wird weder der Thematik noch der wissenschaftlichen Kompetenz des Autors gerecht. Denn unabhängig von den genannten Einschränkungen weist Küsters eine große Fachkenntnis auf, sowohl was die Inhaltsstoffe des Weines und ihr Potential anbelangen als auch Weinkenntnisse im Allgemeinen. Und deshalb lesenswert. Geschmack und Genuss – die eigentlichen Intentionen, Wein zu trinken – bleiben aber m. E. auf der Strecke.

Claudia Hammer, Oberwesel

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