Riepp, Karl Joseph (1710–1775)

Karl Joseph Riepp – Orgelbauer, Weinhändler, Weingutsbesitzer 

* 24.1.1710 in Eldern bei Ottobeuren
† 5.5.1775 in Dijon
Vater: Martin Riepp (1668–1733), Schneider und Mesner in Eldern
Mutter: Barbara geb. Bertler
14 Geschwister und Halbgeschwister aus den 3 Ehen seines Vaters Martin Riepp
⚭ 18.4.1741 Anne-Françoise geb. Eve (1718–1779), 10 Kinder, von denen lediglich zwei Töchter das Erwachsenenalter erreichten: Jeanne Françoise verh. Trouvé (1753–1802) und Claude (1754–1812)

 

R.s Vater war Mesner in der Wallfahrtskirche Maria Eldern. So kam R. mit der Orgelbaukunst in Berührung und absolvierte gemeinsam mit seinem Bruder Rupert Riepp (1711–1749) eine Orgelbaulehre. Nach Wanderjahren u.a. im Elsaß ließen sich die Brüder mit einer eigenen Werkstatt in Dôle nieder. Für die Benediktinerabteikirche St. Bénigne in Dijon baute R. ab 1740 seine größte Orgel in Frankreich. Damit stieg er zu den gesuchtesten Orgelbauern Frankreichs auf, es folgten zahlreiche Aufträge im Burgund und in der Franche-Comté. R. fertigte (bis 1749 in Assoziation mit seinem Bruder) insgesamt 34 Orgeln, darunter 11 viermanualige Großorgeln. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören neben der Orgel der Kathedrale in Dijon die Stiftskirchenorgel in Dôle, die Dreifaltigkeitsorgel in der Benediktinerabteikirche Ottobeuren und die Orgelanlage in der Zisterzienserabtei Salem, die zu ihrer Zeit als die weltweit größte galt.

1741 heiratete R. Anne-Françoise Eve, die aus einer wohlhabenden bürgerlichen Familie in Dôle stammte. 1743 zog das Ehepaar nach Dijon, 1747 verlieh König Ludwig XV. R. das französische Bürgerrecht, 1748 wurde er in die Gilde der Weinhändler in Dijon aufgenommen. R. hatte begonnen, Burgunderwein nach Deutschland zu verkaufen und sah darin großes Potential: 1755 verriet er dem berühmten Elsässer Orgelbauer Johann Andreas Silbermann, er verdiene mit dem Weinhandel mehr als mit dem Orgelbau. Diesen Profit investierte R. in Weinbergbesitz an der Côte de Nuits: 1763 erwarb er ein 5 Hektar großes Weingut mit Spitzenlagen in Vosne und oberhalb des Clos de Vougeot (heute Teil der Grands Crus Romanée Saint Vivant und Echézeaux). Er war unmittelbarer Nachbar der berühmten Domaine de la Romanée-Conti, seit 1760 im Besitz des Prince de Conti. Es folgten zahlreiche Ankäufe in heute als Premier Cru eingestuften Lagen von Chambolle (u.a. Aux Combottes, Les Sentiers, Les Véroilles, Clos de l'Orme) und Morey (u.a. Monts Luisants, Clos des Ormes, Les Ruchots). R.s Ehefrau Anne-Françoise besaß Prokura und war während der teils monatelangen Abwesenheit ihres Mannes nicht nur für die Weinproduktion zuständig, sondern konnte auch selbständig Zukäufe von Rebparzellen tätigen.

1772 besaß das Ehepaar Riepp 12 Hektar Rebfläche in den besten Lagen der Côte de Nuits und erzeugte 228 Pièces (520 hl) eigenes Gewächs. Darüber hinaus handelte R. mit den Weinen anderer Erzeuger. Den Wein lieferte er insbesondere an die Prälaten süddeutscher Klöster, mit denen er über seine Heimat Ottobeuren und den Orgelbau in Verbindung stand. Burgunder waren in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu den beliebtesten Spitzenweinen an europäischen Fürstenhöfen avanciert. Die kulturelle Blüte süddeutscher Klöster im 18. Jahrhundert äußerte sich nicht nur in prachtvollen barocken Kirchen- oder Bibliotheksbauten, sondern entfachte zudem ein entsprechendes Repräsentationsbedürfnis, das sich nicht zuletzt in einer verfeinerten Weinkultur ausdrückte. Diese Chance wusste R. zu greifen. Er verstand es, die Lust an erlesenen Burgunderweinen zu befeuern und entsprechende Gewächse zu liefern. Hierfür nutzte er auch familiäre Verflechtungen: Riepps Schwester Magdalena war mit dem Ottobeurer Weinhändler Johannes Danner verheiratet. Er und später sein Schwiegersohn Johannes Philipp Bazer, ebenfalls Weinhändler, ermöglichten es R., Burgunderwein bis nach München zu vertreiben. Der Cousin von Anne-Françoise R., Ernest Marchand, war Privatsekretär von Abt Anselm II. von Salem, mit dem R. seit etwa 1750 in engen und vertrauensvollen Geschäftsbeziehungen stand. R.s Tochter Jeanne Françoise heiratete 1769 Barthélemy Trouvé, Ratsangehöriger am Parlament in Dijon und Neffe von Dom François Trouvé, letzter Generalabt von Cîteaux.

In R.s Portrait kommt sein berufliches Selbstverständnis zum Ausdruck: Im Hintergrund die Salemer Orgel, neben ihm ein Rebstock mit Trauben, auf dem Tisch eine Kristallkaraffe gefüllt mit Rotwein, darauf ein Stimmhorn, das als Kerzenhalter dient. Er sah sich als Orgelbauer, Weinerzeuger und Weinhändler gleichermaßen. R. exportierte nicht nur Wein, sondern belieferte die Zisterzienserabtei Salem zudem mit Tausenden Rebsetzlingen. Damit begründete er zwar nicht den Anbau von Spätburgunder am Bodensee, wie behauptet wird, denn die roten Seeweine wurden bereits Jahrhunderte zuvor aus Burgundervarietäten gewonnen. Das Beispiel der Familie R. zeigt vielmehr, wie Handelsaktivitäten die Weinkultur einer Region nachhaltig prägen.

Weingut und Weinhandel wurden nach R.s Tod von dessen Erben nicht weitergeführt, die Rebparzellen veräußert. Lediglich das Haus in Vosne blieb in Familienbesitz und diente nach der Revolution dem letzten Abt von Cîteaux als Wohnsitz, wo er 1797 verstarb.

 

Quellen:

Guéritey, Pierre-Marie: Karl Joseph Riepp et l’orgue de Dôle, 2 Bde, Bron 1985.

Guéritey, Pierre-Marie et Michelle: Karl Joseph Riepp facteur d’orgues à Dijon 1710–1775, Beaune 1988.

Guéritey, Pierre-Marie: Le Grand orgue de la Cathédrale Saint Bénigne de Dijon, hg. von Les Amis de l’orgue de la Cathédrale, Dijon 1995.

Miltschitzky, Josef: Ottobeuren. Ein europäisches Orgelzentrum. Orgelbauer, Orgeln, und überlieferte Orgelmusik (Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag 8), Marburg 2015.

Wörsching, Joseph: Der Orgelbauer Karl Riepp (1710–1775). Ein Beitrag zur Geschichte der süddeutschen Orgelbaukunst des 18. Jahrhunderts, Mainz 1940.

Krämer, Christine: Der Spätburgunder – die variantenreiche Rebsorte am See, in: Seewein – Weinkultur am Bodensee, hg. von Thomas Knubben und Andreas Schmauder in Zusammenarbeit mit Christine Krämer, Ostfildern 2016, S. 155–164.

Akten im Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 98 (Salem)

 

Autor:

Dr. Christine Krämer, Stuttgart

 

Abbildungsnachweis:

Karl Joseph Riepp, Portrait, entstanden 1774 in Salem, vermutlich von Andreas Brugger (1737–1812), Hofmaler in Salem, heute Sammlung der Amis du Grand-Orgue de Saint-Bénigne de Dijon, Public Domain via Wikimedia Commons

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