Archäologie in Deutschland, Ausgabe Februar/März 2023 mit dem Schwerpunktthema Wein, herausgegeben vom Verband der Landesarchäologien in der Bundesrepublik Deutschland, Verlag wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt, ISSN 0176-8522. 12,95 Euro.
Unter dem Titel „Wein – Vom Göttertrank zum Gaumenkitzel“ widmet sich die Zeitschrift Archäologie in Deutschland (AiD) in der Ausgabe 1/2023 schwerpunktmäßig dem Thema Wein. „Seit wann kennt man in Mitteleuropa Wein? Keramikfunden sieht man nicht an, welches Getränk einst damit konsumiert wurde. Unser Wissen über das Weintrinken in der Ur- und Frühgeschichte sowie der Antike beruhte lange Zeit auf Schriftquellen und bildlichen Darstellungen. Chemische Analysemethoden änderten dies: Sie eröffnen uns einen neuen Blick, der zunehmend Licht ins Dunkel des Einzugs der Rebe in die verschiedenen Kulturen bringt.“ So überschreibt Philipp W. Stockhammer vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München das Schwerpunktthema Wein aus archäologischer Sicht. In sechs spannenden Beiträgen beleuchten Archäologen die Geschichte des Weins und beziehen hierbei neueste Erkenntnisse mit ein.
Maxime Rageot vom Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie desMittelalte rs an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen widmet sich der Frage „Was war im Gefäß?“ Mangels geeigneter Analysemethoden entzogen sich viele organische Materialien aus prähistorischen Epochen lange Zeit weitgehend der Forschung. Erst die Entwicklung relevanter chemischer Analyseverfahren und ihre Anwendung in der biomolekularen Archäologie ermöglichten die Extraktion und Bestimmung der chemischen Reste vergangener organischer Substanzen. In der frühkeltischen Zentralsiedlung Heuneburg in Baden-Württemberg wurde mediterraner Traubenwein gefunden. Rageot erläutert anhand dieser Funde das Potenzial von Rückstandsanalysen organischen Materials – sogenannte Biomarkeranalysen – bei der Untersuchung von Traubenprodukten, insbesondere Wein. Das Fallbeispiel zeigt eindrucksvoll, wie naturwissenschaftliche Analysen von Nahrungsrückständen ganz neuartige Einblicke in prähistorische Trinksitten und Handelsnetzwerke bieten können.
Manfred Rösch vom Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie an der Universität Heidelberg beschäftigte sich über einen langen Zeitraum hinweg mit Traubenkernfunden in Lehmgefachen historischer Gebäude und Pollenfunden in Seeablagerungen. In seinem Beitrag „Die Rebe und ihre Kultivierung“ erläutert er seine Ergebnisse, die es erlauben, Ausbreitung und Rückgang des Weinbaus im deutschen Südwesten seit der Römerzeit nachzuzeichnen. Diese Erkenntnisse stellen eine hervorragende Ergänzung zur Auswertung von Schriftquellen dar.
Carola Metzner-Nebelsick vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München und Louis Nebelsick vom Instytut Archeologii Uniwersytetu Kardynała Stefana Wyszyńskiego in Warschau sahen sich Belege für Weinkonsum aus der Bronzezeit und der frühen Eisenzeit an. Sie kamen zum Ergebnis, dass die Vermittlung des Weintrinkens als Kulturpraxis über Norditalien im Zug vielfältiger Kontakte bereits in der ausgehenden Bronzezeit in den nördlichen Alpenraum gelangte. Außerdem gingen sie Rezepten für Trankopfer nach, die sich rekonstruieren lassen anhand von Gefäßrückständen von der Heuneburg, die neben Wein Rückstände von Bienenwachs, Milchprodukten, Getreide und tierischen Fetten enthielten.
Janine Fries-Knoblach vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München analysiert unter der Überschrift „Edler Tropfen für edle Damen?“ bildliche, schriftliche und archäologische Quellen über Winzerinnen, Weinhändlerinnen und Weintrinkerinnen seit dem Beginn des Weinbaus. Wein war nicht nur Männersache!
In ihrem zweiten Beitrag „Rom und die Nordwestprovinzen“ beschreibt sie Weinbau und Weinkonsum in Rom, in Italien und in den römischen Provinzen. Hiervon zeugen Kelteranlagen, Weinlager, Weingefäße, Bildquellen und botanische Reste von Weinbau. Seit etwa 150 v. Chr. gibt es zudem Landwirtschaftsliteratur, in der Weinbau eine zentrale Rolle spielt.
Victoria Altmann-Wendling lehrt Ägyptologie am Institut für Altertumswissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Gemeinsam mit Philipp W. Stockhammer entstand unter der Überschrift „Ägypten, Anatolien und Griechenland in der Bronzezeit“ ein Überblick über die frühesten Nachweise von Wein in Eurasien und im Ostmittelmeerraum. Der Weinkultur gehen sie anhand von Darstellungen auf griechischer Keramik und ägyptischen Grabreliefs nach.
Die Texte sind spannend, gut lesbar und allgemeinverständlich aufgebaut sowie reich bebildert. Wertvoll sind die weiterführenden Literaturtipps, die eine tiefergehende Lektüre anregen. Das Heft sei allen empfohlen, die sich einen Überblick verschaffen wollen zu den aktuellen Methoden und Ergebnissen der archäologischen Forschung in Sachen Weingeschichte.
Christine Krämer
Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer: Mosel-Anruf – Schriften der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer e. V. Nr. 50–51. Verlag + Druck Linus Wittich KG, Forchheim, 2022. 246 Seiten; ISSN 18689647. 8,00 Euro*
[*zu beziehen über Sekretariat der Weinbruderschaft MoselSaarRuwer, Tel: 0171 8178394]
Der Mosel-Anruf, eigentlich gedacht als Tätigkeitsbericht der Weinbruderschaft Mosel-Saar-Ruwer, wurde 2022 aufgrund der Corona Einschränkungen als Doppelnummer 50 und 51 für die Jahre 2020 und 2021 herausgegeben. Da er neben den Aktivitäten der Weinbruderschaft einige interessante Beiträge weinfachlicher und weinkultureller Art enthält, soll hier darauf hingewiesen werden.
Die weinfachlichen Beiträge werden mit der Jahrgangsbeschreibung 2020 einschließlich Klimadaten eingeleitet. Daran schließt sich ein umfangreicher Beitrag zur Bedeutung von Standort und Unterlagsreben für RieslingKlone an der Mittelmosel an. In einer weiteren Abhandlung werden die „Anfänge der Züchtung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten (PIWIS) in Deutschland" und Nachbarländern dargestellt. Dabei wird auch die Vermarktung solcher Weine kritisch hinter fragt.
Drei bemerkenswerte historische und weinkulturelle Beiträge wurden abgedruckt.
Karl Adams hat „Blüte und Niedergang des Weinbaus in Stadt und Amt Linz am Rhein“, seiner Geburtsstadt, erforscht und nachgezeichnet. Der historischen Betrachtung folgt die Darstellung der Weingüter in Linz und Umgebung bis zum 19. Jahrhundert sowie die Blütezeit des Weinbaus in der Zeit von 1815 bis 1870. Als Ursachen für den Rückgang des Weinbaus nennt er die eingeschleppten Rebkrankheiten und für den Niedergang im 20. Jahrhundert die industrielle Entwicklung mit ihren bevorzugten außerlandwirtschaftlichen Alternativen für Arbeitskräfte.
Der Historiker und Geschichtsforscher Franz Irsigler geht der Frage nach, „Wie alt ist der bekannte Weinlagenname „Goldgrube“ in Wolf (Ortsteil von TrabenTrarbach) und wie könnte er entstanden sein“.
Die Forschungen und Aufzeichnungen des verstorbenen Historikers Karl-Josef Gilles nutzte sein Sohn Joachim, um den Artikel „Das „Saufbähnchen“ unterwegs zwischen Trier und Bullay" zu verfassen. Der Name „Saufbähnchen" kam im Volksmund deshalb auf, weil die Bahn ab 1907 in einigen Zügen einen Salonwagen einsetzte, in dem Wein der Region mit Bestellung beim Schaffner verkostet werden konnte. Schon Kurt Tucholsky hatte das Bähnchen während seiner Moselreise 1930 benutzt und ihm ein literarisches Denkmal gesetzt: „Wir soffen uns langsam den Fluß hinab, wir fuhren mit dem Saufbähnchen von Trier nach Bullay hinunter, und auf jeder dritten Station stiegen wir aus und sahen nach, wie es mit dem Weine wäre.“
Lesenswert sind auch drei weitere Aufsätze und zwar ein Beitrag von Ursula Schöffling über „Stein-Wein-Panorama-Erlebnisweg Fell – ein Ausflug in den Wein- und Schiefer-Ort", eine Darstellung von Claudia Müller „Ein neues Zuhause für Flora und Fauna", in der die Autorin den Bau eines Lebensturms für Insekten, Reptilien, Kleinsäuger und Vögel beschreibt und der Beitrag von Hans Adolf Polch „Skulpturenpfad im Erdener Treppchen – Art Brut, die Kunst von Laien und Menschen mit Beschränkungen".
Das breite Spektrum an interessanten Themen hält für jeden Leser sicherlich etwas bereit.
Gerhard Stumm
Rudi Knoll: Sachsens Wein-Prinz Georg und seine unglaubliche Geschichte. gebundene Ausgabe, axel dielmannVerlag, Frankfurt a. Main, 144 Seiten; ISBN: 9783866383470. 20,00 Euro
Zugegeben, dem Rezensenten fehlt die notwendige Distanz, um eine neu trale oder gar kritische Würdigung des Buches zu schreiben, denn sowohl der Held der Geschichte als auch der Autor sind ihm persönlich bekannt. Georg Prinz zur Lippe ist ihm das erste Mal zu Beginn der 1990er Jahre in Meißen bei einer Weinprobe begegnet, später noch einige Male in unregelmäßigen Abständen. Deshalb war er umso mehr interessiert, das Buch von Rudi Knoll zu lesen, der nicht nur ein ausgezeichneter Wein- und Branchenkenner ist, sondern der es als Autor bestens versteht, seine Leser in den Bann zu ziehen. Das gelingt ihm bereits mit dem Eingangskapitel „Es begann mit einem 1991er“, des Prinzen Erstlingswein, der dreißig Jahre später im Kreise von Weinfreunden und Familienmitgliedern verkostet wurde. Dabei „herrschte eine Spannung wie bei einem bedeutenden Fußballspiel“; eine Assoziation, die beim fußballbegeisterten Rudi Knoll – selbst Mitglied der „Weinelf“ nicht wundert. Die Probe zeigte, dass der Wein trotz schwieriger Rahmenbedingungen die ersten dreißig Jahre der Wiedervereinigung gut verkraftet hatte. Ein gelungener Aufhänger für den Einstieg in einen bemerkenswerten Fall deutscher Zeitgeschichte: Die unglaubliche Wein- und Lebensgeschichte des Prinzen im wiedervereinten Deutschland wird faktenreich, spannend, aber auch unterhaltsam von Rudi Knoll erzählt. „Der Traum von der Rückkehr“ nach Schloss Proschwitz hatte durchaus das Potential zu einem Alptraum für den Prinzen und seine Familie zu werden, denn der Besitz musste in einem erbärmlichen Zustand zurückgekauft werden. Wie trotzdem an alter Wirkungsstätte ein großes Weingut aufgebaut werden konnte, wird angemessen bebildert, gespickt mit Anekdoten hin- und mitreißend geschildert. Manch Abenteuerliches wird ans Leserlicht gebracht. Ein Lebensweg, gekennzeichnet von Visionen, unternehmerischem Mut und Fortune, entscheidend unterstützt von Prinzessin Alexandra, der „Frau an seiner Seite“, gelernte Journalistin, tätig beim MDR, Deutschlandfunk etc., wird dem Leser nahe gebracht. Rudi Knoll stellt auch die Rolle wichtiger Weggefährten dar, die den Aufschwung von Schloss Proschwitz zu einem deutschen Spitzenwein gut begleitet, mitgeprägt oder gefördert haben. Auch Rückschläge und Irrwege werden nicht verschwiegen; allerdings schweigt nun der Rezensent, denn die Leserin/der Leser soll selbst in Erfahrung bringen, warum der Wiederaufbau trotz oder wegen des Mottos „Du hast keine Chance, drum nutze sie“ ein Happy End fand.
Rudolf Nickenig
Nickenig, Rudolf: Köln – eine merkwürdige Weinstadt. Marzellen Verlag GmbH, Köln 2022. 176 Seiten; ISBN13: 9783937795799. 19,95 Euro
Seit Jahrhunderten pflegten die auch zum jetzigen Wohnort des Kölner sowohl zum Geburts als Autors Rudolf Nickenig enge Beziehungen. Schon zur Merowingerzeit hatten sie sowohl in Boppard als auch später in Remagen beachtlichen Fernbesitz, insbesondere in Form von Weinbergen. Vermutlich war dies nach eigenem Bekunden die Triebfeder, dieses Buch zu schreiben.
Dabei bezweifelt Nickenig nicht im Geringsten, dass Köln heute eine Bierstadt ist und dass Kölsch die einzige Sprache ist, die man trinken kann. Wichtiger ist ihm jedoch zu beweisen, dass Köln eine Weinmetropole war und zwar viel länger als manche Historiker meinen. Dazu bedient er sich eines gedanklichen Sparringspartners mit dem in Köln nicht unbekannten Namen Karl Schmitz als Ideengeber, Initiator und Brückenbauer. Der Autor in Gestalt des Wilhelm will diesem beweisen, dass der Wein in Köln auch in der Neuere Geschichte eine wichtige gesellschaftliche Rolle gespielt hat, viel länger als allgemein bekannt ist. Es war dem Autor ein Anliegen, dies wissenschaftlich basiert zu belegen und mit dem nötigen rheinischen Humor zu versehen, um das Lesevergnügen zu steigern. Vorweggesagt, es ist ihm hervorragend gelungen.
Bevor er sich jedoch auf den Weg macht, diesen Beweis anzutreten, widmet er zunächst einige Kapitel dem Kölsch, seiner Herstellung und seiner kulturellen Bedeutung.
Seine Weinstudien beginnt er mit der Römerzeit, für die jedoch noch keine Quellen existieren. Man ist auf Vermutungen angewiesen, wobei man aus dem Nichtvorhandensein einer Quelle nicht den Schluss ziehen kann, dass Weinbau keine Rolle gespielt habe. Vieles spricht dafür, dass die Römer begannen, in Köln oder drum herum Weinreben anzu bauen, um vom „Weinimport“ unabhängiger zu werden. Bereits aus dem Jahr 641gibt es eine erste Urkunde, worin festgehalten wurde, dass Weinbauern inmitten von Weinbergen ein Badehaus errichtet hatten. Eine weitere Urkunde aus dem Jahre 643 bezeugt Kölner Fernbesitz in Boppard, ein Hinweis darauf, dass der eigene Weinbau nicht mehr ausreichend war, um die Bevölkerung mit Wein zu versorgen.
Das erste Kölner Weinbaukataster, das der Magistrat 1681 in Auftrag gab, erbrachte den Beweis, dass die Rebfläche innerhalb der Stadtmauern ca. 90 Hektar groß war und damit ca. ein Viertel der Stadtfläche einnahm. Dieser hohe Flächenanteil blieb auch im folgenden Jahrhun dert weitgehend konstant, bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts prägten Weinberge das Stadtbild von Köln. Während der Franzosen zeit ab 1794 bis 1814 verlor der Weinbau an Bedeutung, da der gewonnene Wein allenthalben im Vergleich zum französischen von minderer Qualität war, bis er schließlich zur Jahrhundertmitte fast vollständig zum Erliegen kam.
Mit dem Verschwinden der letzten Reben aus dem Kölner Stadtgebiet endete jedoch noch lange nicht das Weinfeeling, wie es der Autor ausdrückte. Schon Karl der Große hatte Anstöße für eine Ankurbelung des Weinhandels gegeben. Der Rhein als Transportweg spielte dabei eine zentrale Rolle. Besonders mit England wurde seit dem 10. Jahrhundert Weinhandel betrieben. Wein war im Mittelalter das wichtigste Handelsgut für Köln und Köln war nach Bordeaux der zweitwichtigste Handelsplatz. Auch wenn der Handel mit Wein in den nächsten Jahr hunderten zurückging, hielt er sich bis ins 19. Jahrhundert.
Recht ausführlich haben Karl und Wilhelm über den Kölner Klüngel sowie die Bedeutung der großen Zahl an Weinhändlern, deren Organisation und Geschäftstüchtigkeit und insbesondere deren Bedeutung und positiven Einfluss auf das kulturelle Leben der Stadt Köln reflektiert.
Es überrascht nicht, dass einige der „betuchten“ Weinhändlerfamilien bei den Kölner Machtränken eine bedeutende Rolle spielten, mehrmals den Bürgermeister stellten oder Mitglieder des engen Rates der Stadt waren.
Breiten Raum nehmen auch die Betrachtungen zum Wein und Bier konsum vom Mittelalter bis zur Gegenwart ein, was nicht verwundert, hat sich der Autor jahrzehntelang mit dem Thema eines moderaten Weinkonsums beschäftigt. Da der Weinkonsum überwiegend in Gaststätten getätigt wird, ist es naheliegend, auch die Entwicklung der Gaststätten über die vielen Jahrhunderte in Augenschein zu nehmen. In diesem Zusammenhang geht Nickenig auch den mittelalterlichen Berichten über eine römische Wein-Pipeline von Trier nach Köln nach, die von den Römern gebaut worden soll, um ihren immensen Weindurst mit Moselwein stillen zu können. Und schließlich will Wilhelm bzw. der Autor mit seiner Wette beweisen, dass Wein sehr lange das Kölner Kulturleben in positiver Weise beeinflusste, auch das Karnevals-, Theater- und Kirmestreiben.
Eine unterhaltsame und erkenntnisreiche Spurensuche der Kölner Wein- und Kulturgeschichte geht zu Ende, wobei jedes Kapitel Zeugnis von der Freude des Autors bei der Recherche gibt.
Gerhard Stumm
Rosenplüt, Hans: Weingrüße und Weinsegen – mit weiteren Liedern aus der Tradition; herausgegeben von Silvan Wagner, S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 2023, 92 Seiten.
ISBN 978-3-7776-2805-9 (Print). ISBN 978-3-7776-3394-7 (E-Book). 16,00 Euro
Silvan Wagner, Vorsitzender von Brevitas, Gesellschaft zur Erforschung vormoderner Kleinepik, greift im vorliegenden Buch die im Nürnberg des 15. Jahrhunderts um den Handwerkerdichter Hans Rosenplüt entstandenen Weingrüße auf, um damit vergessene Schätze der Literatur aus dem Mittelalter zu heben und sie der Gegenwart zugänglich zu machen. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Gruß- und Segenssprüchen an den personifizierten Wein. Auch Bier und Met werden mit je einem Weingruß und einem Weinsegen bedacht, was dem Umstand geschuldet ist, dass Bier und Met mit einigem Abstand zur damaligen Zeit weit hinter dem Weinkonsum rangiert. Dabei ist zu bedenken, dass den alkoholischen Getränken in der Vormoderne im Alltag grundsätzlich Funktionen als Grundnahrungsmittel und nicht zur Berauschung zukommen. Gerade in Ballungsgebieten war das Grund- und Brunnenwasser oftmals verseucht und diente zum Waschen, aber nicht zum Trinken.
Wie der Herausgeber selbst schreibt, sind die prägnanten Sprachkunstwerke Schmuckstücke der Trinkliteratur: Sie umschmeicheln den Wein als Freund, Geliebten und Heiland, um sich seiner Gunst zu versichern und seine dämonischen Seiten abzuwenden. Unbedingt erwähnt werden muss, dass sie auch faszinierende Einblicke in die Trinkkultur des spätmittelalterlichen Nürnberg gewähren.
Die Edition ist als Hybridausgabe angelegt. Die Druckausgabe mit Übersetzung und Kommentar ist über Links und QR-Codes mit einer Onlineedition auf www.wiki.brevitas.org vernetzt, wo eine ausführliche philologische Erfassung und aktualisierte Bibliografien abgerufen werden können.
Gerhard Stumm