Richter, Franz (1858–1932)

Franz RICHTER – Unternehmer, Rebzüchter, Rebenpflanzguterzeuger

* 4. Februar 1858 in Düben (heute 04849 Bad Düben)
† 23. Oktober 1932 in Montpellier, Frankreich
Vater: Georg Otto Richter, Besitzer der Mittelmühle in Düben
Mutter: Amalie, geborene Samberg
Naturalisation: 8. März 1886
⚭ 25. Mai 1895 Jeanne Aimée Jenny Augustine Flory  (1869–1929)

 

Franz Richter (auch Georg-Franz R.) kam 1858 in Düben als viertes Kind des Mühlenbesitzers Georg Otto Richter zur Welt. Über einen Verwandten (vermutlich Louis Reich) kam er nach Südfrankreich und zum Weinbau. R. absolvierte an der Landwirtschaftsschule École d’Agriculture in Montpellier eine Ausbildung mit Schwerpunkt Weinbau. Er kam dort in Kontakt mit J. E. Plancheton, J. Lichtenstein und Jules Leenhardt-Pomier und nahm bereits während seiner Ausbildung an den aktuellen Bemühungen zur Bekämpfung der Reblaus teil.

1882 beauftragte ihn das italienische Landwirtschaftsministerium gemeinsam mit Dr. Domizio Cavazza aus Alba in Italien Rebschulen mit geeigneten amerikanischen Rebsorten aus Frankreich anzulegen.

Zurück in Montpellier gründete er das Unternehmen „Pépinières Richter“ und legte in der Nähe der École d’Agriculture eine erste Rebschule an. Trotz systematischer Studien zum Pfropfen und Kreuzen von Reben sowie einiger Veröffentlichungen war R. in erster Linie Geschäftsmann, der seine Rebschule zu einem der führenden Betriebe ausbaute und Filialen in Béziers, Algier und Oran unterhielt. 15 Jahre lang betreute er auch Rebschulen im Auftrag der ungarischen Regierung und überwachte jährlich 2 Monate lang in Ungarn die Herstellung von 6–10 Mio. Veredelungen.

1898 beschrieb und empfahl er, inspiriert durch den Besuch von Treibhäusern während eines Studienaufenthaltes in Belgien, das Behandeln gepfropfter Setzlinge mit feuchter Wärme. Zeitgenossen sahen in dieser Veröffentlichung einen bahnbrechenden Beitrag zum Erfolg des Pfropfens und zur Bewältigung der Reblauskrise.

R.s zweiter Schwerpunkt war die Züchtung reblausresistenter Unterlagen für verschiedene Bodentypen. Durch Kreuzung von Berlandieri mit Rupestris konnte er neue Unterlagen züchten. Er entwickelte insgesamt 14 Unterlagensorten, die wichtigsten davon sind Richter 99 und vor allem Richter 110, beide 1902 gekreuzt.

Nach dem Umzug in die Avenue du Pont-Juvenal im Südosten der Stadt umfasste der Betrieb laut Beschreibung von 1911 mehrere Hektar einer ampelographischen Sammlung, 10 bis 15 Hektar Rebschulen für Pfropfreben und 8 bis 10 Hektar Rebschulen für Wurzelreben, dazu diverse Gebäude. Nach dem Tod von R. 1932 wurde das Unternehmen weitergeführt. 1933 verursachten Überschwemmungen schwere Schäden auf dem Betriebsgelände, desgleichen Anfang Juli 1944 eine Bombardierung durch anglo-amerikanische Flieger. Um 1956 wurde das Unternehmen nach Saint-Clément-de-Rivière verlegt, wo die Rebschule als „Richter International (SARL)“ bis heute besteht.

Die Stadt erwarb 1967 das Gelände in der Avenue Pont-Juvenal und legte dort ein Neubauviertel an, das heute den Namen des ehemaligen Besitzers trägt und für seine avantgardistische Architektur bekannt ist.

 

Literatur:

RICHTER, Franz: Greffage à la mousse. Revue de viticulture. Organe de l’agriculture des régions viticoles. Publiée sous la direction de P. Viala et L. Ravaz, Paris, A 5, 16. April 1898, p. 12 ff. (p. 448 ff.)

RICHTER, Franz: Louis Reich. La vigne americaine: sa culture, son avenir en Europe. A 27, juillet 1903, p. 210-212.

Société Richter, Etablissement Saturin Henry, Institut Zymotechnique, Société de fabrication d’appareils viticoles et agricoles : Les Bons conseils du père La Vigne. Montpellier, Causse, Graille et Castelnau, 1927, 188 p. (Nachweis BNF, notice FRBNF33914969) p. 210.

Société Richter:  Illustrated Catalogue. Katalog Album. Montpellier vers 1900, 100 pp., 6 planches et illustrées. Katalog in deutscher und englischer Sprache. 100 Seiten, 5 Bildtafeln sowie Textillustrationen. (Nachweis: Katalog der Önologischen Bibliothek von Bernard Chwartz).

CONVERT, François: L’agriculture et la viticulture de l’Hérault. Revue de viticulture, A 18, 28 janvier 1911, p. 11-16 (p. 95–100).

Ministero di agricoltura, industria e commercio, Direzione Generale dell’Agricultura: Catalogo della esposizione fillosserica internationale. Torina 1884. (Dokumentiert die Teilnahme von R. und von J. Lichtenstein).

Taufbuch der evangelischen Kirchengemeinde Bad Düben, 1858, Eintrag 23.

Archives Municipales de Montpellier, Etat civil 1929, décès, acte 000758 (Jeanne Flory)

Archives Municipales de Montpellier, Etat civil 1932, décès, acte 001367 (Franz Richter)

Archives Nationales de France BB/33/390 (acte de naturalisation Franz Richter)

Discours nécrologique Franz Richter. Revue de viticulture, 3. novembre 1932, p. 9 (p. 285)

Archives Municipales de Paris, Etat civil Paris 6°, acte 000379 (acte de mariage Richter-Flory)

BESSEY, Charles: La collection de raisins de table (collection Richter) au jardin d'essais de Montpellier. Annales de la Société d’horticulture de l’Hérault, 1933, n°6 (nov-dec), p. 191.

MÜLLER, Karl: Weinbau-Lexikon für Winzer, Weinhändler, Küfer und Gastwirte. Berlin, Parey, 1930, 1015 S., S. 691.

MÜLLER, Karl (Hg.): Weinbau und Kellerwirtschaft, 11. Jahrgang, Nr. 21, 3. November 1932, S. 198 f. (auch in: Der Deutsche Weinbau, 11. Jahrgang, Nr. 44/45, S. 316.)

www.vivc.de (besucht am 10/1/2022)

Claus, Paul: Richter, Franz Georges. In: Persönlichkeiten der Weinkultur, Schriften zur Weingeschichte (Nr. 140)  

 

Autorin:

Karoline Knoth, Meursault (Burgund)