Carstensen, Peter (1877-1954)

Peter CARSTENSEN – Wanderlehrer, Weinbaudirektor, Weinbauverbandsgeschäftsführer 

* 30.09. 1877 auf Föhr/Nordfriesland, † 30.08.1954 in Bacharach

Vater: Landwirt

Peter Carstensen wurde weder ein Rebstock noch eine Weinbaukarriere am Mittelrhein in die Wiege gelegt, denn er wurde in einer Bauernfamilie auf der nordfriesischen Insel Föhr geboren. Sein Weg ins Rheinland führte zunächst über Reutlingen, wo er an der Lehranstalt für Garten- und Gemüsebau ausgebildet wurde. Er gewann am dortigen Pomologischen Institut den Donauer Preis – dotiert mit 10 Mark – als Jahrgangsbester. Hier entstand durch Kontakte mit Winzern sein Interesse am Weinbau, so dass er sich nach einer zwischenzeitigen Anstellung in einem Obstbaubetrieb in Miltenberg entschloss, ab 1903 in Geisenheim eine viersemestrige Ausbildung zu absolvieren, die er mit Bestnoten abschloss. Um sich für den Lehrberuf vorzubereiten und seine kellerwirtschaftlichen Kenntnisse auszubauen, blieb er noch einige Zeit als Volontärverwalter an der Lehranstalt in Geisenheim.

Diese solide Ausbildung war die Grundlage dafür, dass ihm von der Landwirtschaftskammer der Rheinprovinz mit Sitz in Bonn ab 1. Januar 1906 die Stelle eines Weinbauwanderlehrers am Standort Bacharach übertragen wurde. Carstensen nutzte seine Anstellung, um vor Ort ein Weinbauamt und eine Weinbau-Winterschule aufzubauen. Aus einem jungen Wanderlehrer wurde ein Weinbaudirektor von Format, der bis zu seinem Ruhestand 1947 der wichtigste „Influencer“ des Weinbaus am Mittelrhein war.

Es ist schon erstaunlich, dass ausgerechnet er - der kühle Nordfriese - die reservierte Haltung der mittelrheinischen Winzer gegenüber Weinbauwanderlehrern überwand und zu deren wichtigstem Berater wurde. Dies traf für alle weinbaulichen Fragen zu, insbesondere für die Schädlingsbekämpfung und die Steillagenbewirtschaftung, aber auch für die Orientierungsfrage Qualität oder Quantität, für Fragen der Betriebswirtschaft und des Absatzes. Carstensen wählte dabei den nicht risikoarmen Weg, indem er sich eigene Weinberge zulegte, um als Vorzeigebetrieb und auf Augenhöhe mit den Winzern praxisorientierte Ratschläge geben zu können.

Er war überzeugt, dass die Winzer keine Chance als Einzelkämpfer hatten. Deshalb regte er nicht nur Winzergenossenschaften mit einer besseren Organisationsform als bisher an, sondern war der wichtigste Promoter für die Gründung eines mittelrheinischen Weinbauvereins im Jahr 1910, dem er als Geschäftsführer überragende Dienste leistete). Er muss eine enorme Überzeugungskraft besessen haben, denn es gelang ihm in Jahresfrist, über 90 Prozent aller Winzer des Gebietes zum Beitritt zu überzeugen.

Es ist fast unvorstellbar, dass er noch die Zeit fand, fachlich zu publizieren und  kommunalpolitisch aktiv zu sein. Für kurze Zeit war er wohl auch Bürgermeister von Bacharach. Der Weintourismus wurde von ihm gefördert, die Organisation des Weinlesefestes lag in seinen Händen und die Winzertrachtengruppe war wohl seine Idee. Auch im Denkmalschutz (z. B. Ausbau Ruine Stahleck) engagierte er sich. Der Verschönerungs- und Verkehrsverein in Bacharach wusste um seine Verdienste für Stadt und Land.

Veröffentlichungen:

Zu unseren wichtigsten Rebsorten, Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft (1910), S. 28 f.

Zum Rückgang des Rotweins am Mittelrhein,  Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft (1910), S. 92 f.

Mittelrhein in Dr. E. Goldschmidt - Deutschlands Weinbauorte und Weinbergslagen (1951), S. 88 ff.

Quellen:

Maus, Reinhold: „Peter Carstensen – ein Wegbereiter des hiesigen Weinbaus“, Heimatblätter zur Geschichte der Stadt Bacharach und der Viertäler e.V., Nr. 12/1998, S. 3 ff.

Nickenig, Rudolf: „Persönlichkeiten der Weinkultur aus Rheinland-Nassau – C“, DWZ (2020), S. 42

Persönliche Mitteilungen von Hubert Marbach (Nachfahre von Peter Carstensen)

Zeitungsbericht: „Abschied von Peter Carstensen“, Rhein-Zeitung vom 2. September 1954

Autor:

Dr. Rudolf Nickenig, Remagen

Abbildung: Peter Carstensen, Foto mit freundlicher Genehmigung von Hubert Marbach

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